Gedanken zum Erntedankfest
Die Bauern haben geerntet, die Ernte ist eingefahren, gehäxelt und als Silage gelagert als Futter für die Tiere oder zu anderer zweckgebundener Verwendung.
Schon wieder werden die Felder gepflügt und eingesät für die nächste Ernte.
Jetzt ist die Zeit für das Erntedankfest
Was bedeutet für uns das Erntedankfest ? Wem soll denn gedankt werden ?
Den Erzeugern,den Supermärkten ?
Die meisten Feld – und Gartenfrüchte in unserer Kirche, die wunderschön aufgerichtet waren,stammen aus den Gärten der Ampfracher Mitbürger.
Beim Betrachten der Früchte, kamen mir Gedanken, wie gut es uns doch geht. Wir leiden keine Not an Esswaren, es gibt genügend zu kaufen, die Regale in den Supermärkten sind überfüllt.
Alles gibt es zu kaufen, auch exotische Esswaren und Obst. Dem gegenüber stehen die Bilder aus Afrika, Kinder, die am Verhungern sind, abgemagert bis auf die Knochen. Viele Millionen Menschen in der Welt sterben vor Hunger.
Wir machen Diät, um Gewicht zu verlieren. Esswaren, die älter als ein Tag sind, landen in der Mülltonne.Stern TV hat festgestellt, 20 Mio. Tonnen Lebensmittel landen pro Jahr in der Mülltonne. Gerechnet auf pro Kopf der Einwohnerzahl,wirft jeder Deutsche pro Jahr Lebensmittel im Werte von 330.– € in die Mülltonne. Aber auch die Industrie hat daran ihren Anteil, zu große Packungen oder Angebote:“ Nimm zwei, eins ist gratis „ !
In Mannheim, meinem früheren Wohnort, wohnte in der Nachbarschaft eine Amerikanerin mit ihrer Familie. Eines Samstagmittags bat sie mich , mit ihr zu kommen. Wir fuhren mit ihrem VW-Bus zum türkischen Großmarkt und bekamen dort ganze Steigen mit Obst und Gemüse.Diese Ladung fuhren wir zu den Bamherzigen Schwestern von Mutter Theresa, Nonnen indischer Herkunft. Diese Schwestern beheimateten viele Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien. Dort gaben wir unsere Obst – und Gemüsesteigen ab.
Ich war beschämt, eine Amerikanerin holt Esswaren bei den Türken, bringt es zu indischen Schwestern für Leute aus Jugoslawien.
Ich erinnerte mich an meine Kindheit, ich bin während des Krieges geboren und kam im September 1945 mit meiner Mutter und noch zwei älteren Geschwistern nach Mannheim.Es gab in der ersten Zeit außer Gemüse nicht viel zu essen, noch zu kaufen. Das Gemüse hatten wir im Vorgarten angebaut.Fleisch war Mangelware.Wenigstens Milch bekamen wir vom Bauern.Wir hatten Eier von unseren Hühnern.
Mein Vater fuhr mit dem Fahrrad von Mannheim aufs Land nach Heilbronn/Schluchtern , um einen Sack Kartoffeln zu erstehen. In der Großstadt herrschte große Not, der Schwarzhandel blühte.So erstanden wir einen kleinen Kanister Öl, das sich später als sehr giftig entpuppte.In unserem Haus wurde acht Mal eingebrochen, die Menschen suchten nach Esswaren.
Alsbald wurden wir Schulkinder mit Hilfe der Hooverspeisung versorgt. Das amerikanische Volk spendete Geld für die deutschen Kinder. So gab es täglich eine warme Suppe, Grießbrei mit Rosínen, Kakao mit einer Ofennudel. An Weihnachten eine große Rippe Blockschokolade. Das alles wurde von den Schwestern des Roten Kreuzes ausgeteilt.
Auch die Caritas und Diakonie luden Kinder, in den Ferien, in ihre Häuser ein. So war ich im Caritasheim auf dem Feldberg im Schwarzwald. Am Morgen gab es Haferschleim und mittags vor dem Essen Lebertran, aber den echten, der wie Öl aussah und schrecklich nach Fisch roch. Mittags gab es eine ordentliche warme Mahlzeit.
Aber wir kamen zu Kräften.
Für mich ist Erntedank keine Sprechblase, sondern ich danke Gott, dass ich diese Zeit gut überstehen konnte, ohne bleibenden Schaden.Ich denke öfters an diese Zeiten.
Jetzt geht es uns gut,daran sollte man öfters denken, ohne jemanden schlechte Zeiten zu wünschen.
Hans-Peter Scheurer